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``Generalisierte Verwendungen''.

Eine Reihe von Verben (oft Transfer-Verben, aber auch andere) wird häufig ``generalisiert'' verwendet, d.h. so, dass bestimmte Inferenzen der wörtlichen Verwendung erhalten bleiben, andere allerdings nicht. Als Beispiel kann ``spenden'' dienen, dass normalerweise als GIVING analysiert wird. Nach FrameNet trägt dieser Frame die Inferenzen, dass der gegebene Gegenstand konkret ist, vorher im Besitz des Gebers ist, und nachher im Besitz des Empfängers. Dies funktioniert für wörtliche Verwendungen wie
\begin{example}
\rule{0em}{0em}[Er $_{\text{Giver}}$] \textbf{spendete} \rule{0...
...z $_{\text{Recipient}}$]
\rule{0em}{0em}[Blut $_{\text{Theme}}$].
\end{example}
Das geht allerdings bei generalisierten Verwendungen schief, wie hier:
\begin{example}
\rule{0em}{0em}[Das Publikum $_{\text{Giver}}$] \textbf{spendet...
...pient}}$]
beigeistert \rule{0em}{0em}[Beifall $_{\text{Theme}}$].
\end{example}
Weder ist der Beifall konkret, noch hat das Publikum den Beifall vorher, noch hat der Pianist ihn nachher.

Fälle dieser Art scheinen direkt in die Mitte zwischen allen drei Kategorien zu fallen, und als Instanz jeder Klasse interpretierbar zu sein. Zum Beispiel als Support, wenn die Zentralität des Beifalls betont wird. Oder als MWE, um den Unterschied zwischen ``spenden'' oder ``Beifall spenden'' herauszuarbeiten. Oder als Metapher, die den Transferprozess ins Abstrakte überträgt. Wir haben uns allerdings entschieden, keine der obigen Analysen zu verwenden: Die Interpretation als MWE erlaubt uns nicht, Kombinationen von ``spenden'' mit verschiedenen Objekten (Zeit, Aufmerksamkeit, Zuwendung, etc.) eine einheitliche Analyse zuzuweisen. Die Interpretation als Support erlaubt nicht, die (durchaus bestehenden!) Gemeinsamkeiten mit GIVING auszudrücken. Die Interpretation als Metapher erfordert die Zuweisung zweier Frames an Instanzen, bei denen es weit hergeholt scheint, von ``wörtlicher'' und ``übertragener'' Bedeutung zu sprechen.

Stattdessen haben für die entsprechenden Fälle generalisierte Frames als Unknowns konstruiert, z.B. ein generalisiertes Giving (SPENDEN.UNKNOWN1). Diese Frames sind immer dann anzuwenden, wenn nicht alle Inferenzen des FrameNet-Frames zutreffen, und werden lexikalisch vom Verb evoziert. Diese Annotation drückt eine angemessene Generalisierung aus, ist so spezifisch wie möglich, und umgeht die umständliche Metaphern-Analyse.


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Sebastian Pado 2007-08-31