Wege und Wegenetze als Wissensspeicher
Author: Schmauks, Dagmar
Editor:
In diesem Artikel bezeichnet der Ausdruck "Weg" die Pfade
von Tieren und Menschen ebenso wie moderne Autobahnen. Wege sind
langlebige Artefakte, die aus semiotischer Sicht sehr interessant
sind. Sie werden durch Zeichen identifiziert, von denen einige in der
Landschaft verortet sind, etwa Markierungen und Wegweiser. In anderen
Fällen dienen auffällige Objekte ("Landmarken") als
Orientierungszeichen. Andererseits können Wege auch selbst als Zeichen
aufgefaßt werden. Sie informieren über das Wissen, das die betreffende
Gesellschaft über wichtige Fakten wie Boden, Klima und Ergonomie
besitzt. Wege sind Indizes für viele Faktoren, die ihre Gestaltung
beeinflußt haben. Zum Beispiel führt ein Weg, der den Talboden meidet,
zur Annahme häufiger Überschwemmungen. Die Merkmale von Wegen
informieren über die Fahrzeuge, die sie benutzen, und deren Status in
der Gesellschaft. Während alte Wege in einer quasinatürlichen Weise
gewachsen sind, können Wegenetze mit geometrischer Struktur (Raster
etc.) nur durch einen hoch organisierten Planungsprozeß geschaffen
werden. Verschwundene Ortschaften und Hindernisse können zu einem
Wegeverlauf geführt haben, der aus heutiger Sicht als unangemessen
erscheint. Einsicht in diese indexikalischen Beziehungen kann auch
durch die Analyse von Landkarten gewonnen werden, denn die dort
verzeichneten Wegesysteme sind Indizes für die Gesetze einer
Gesellschaft, ihre politische Einstellung, ihre Werte und das Image,
das sie zu vermitteln sucht.
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