Das Studium der Computerlinguistik


  1. Computerlinguistik in Kürze
  2. Der Saarbrücker Diplomstudiengang
  3. Die Kurse des ersten Studienabschnitts
  4. Computerlinguistische Projekte
  5. Kleines ABC für den Unialltag


Computerlinguistik in Kürze

1. Was ist Computerlinguistik?

Computerlinguistik erforscht menschliche Sprache. Sie benutzt dafür formale Modelle, die auf dem Computer realisiert werden können. Auf diese Weise gewinnt sie Erkenntnisse über die Lautstruktur, die Satzstruktur und die Bedeutungsstruktur von Sprachen und über die Art und Weise, wie Menschen Sprache verstehen, Sprache produzieren und Sprache lernen.

Die Computerlinguistik wendet diese Erkenntnisse zur Entwicklung von Computersystemen an. Beispiele für sprachverarbeitende Systeme sind:

Die Computerlinguistik ist noch ein sehr junges Fach: Die ersten Studiengänge sind weltweit in den achtziger Jahren entstanden. Die Computerlinguistik verbindet Inhalte und Methoden aus der Informatik und der Sprachwissenschaft und benutzt Teile der Mathematik (besonders die Formale Logik) als Grundlage.

2. Wer sollte Computerlinguistik studieren?

Computerlinguistik hat demnach mit menschlicher Sprache, mit mathematisch- naturwissenschaftlichen Methoden und mit dem Computer als Arbeitsmittel zu tun. Wer sich für alle diese drei Bereiche interessiert, wer gerne mit mathematischer Methodik arbeitet, Rechner programmiert, und gleichzeitig Freude am Umgang mit lebendiger Sprache hat, ist ein idealer Anwärter für das Studium der Computerlinguistik. Natürlich geht es auch mit weniger. Wichtig ist allerdings, daß unsere Studenten bereit sind, sich auf die verschiedenen Teilbereiche des Faches einzulassen. Eine unüberwindliche Abneigung gegen mathematische Verfahren oder ein komplettes Desinteresse am Arbeiten mit dem Computer wären tatsächlich echte Hinderungsgründe. Weniger wichtig sind dagegen spezielle Vorkenntnisse. Das Wissen, das man sich mit einem normalen Abitur erwirbt, reicht zum Einstieg in das Computerlinguistik-Studium aus. Praktische Erfahrungen mit dem Rechner oder spezielle technische und mathematische Kenntnisse sind nicht nötig.

3. Wozu studiert man Computerlinguistik?

Es gibt zwei gute Gründe, sich für ein Studienfach zu entscheiden:

Erstens Interesse an den Inhalten und Methoden des Faches - dazu haben wir im letzten Abschnitt etwas gesagt.

Zweitens, um die Qualifikation für einen angemessenen Platz im Berufsleben zu erwerben - davon soll jetzt die Rede sein.

Wie ist das Berufsbild und wie sind die Berufsaussichten für Computerlinguisten?

Computerlinguistik ist eine ´Schwellentechnologie´. Techniken und Arbeitsmittel stehen bereit, um sprachverarbeitende Systeme zu bauen, die für die Wirtschaft und einen breiten privaten Kundenkreis interessant sind. Zur Zeit gibt es eine ganze Reihe von computerlinguistischen Forschungsvorhaben an Universitäten, an Forschungsinstituten und in der EDV-Industrie. Neben diese Forschungsstellen, die meist an befristete Projekte gebunden sind, treten zunehmend Aufgaben im sogenannten ´Language Engineering´:

zum Beispiel die Kodierung des grammatischen Wissens für eine bestimmte Sprache (Grammatikentwicklung), die Erfassung des Wortschatzes mit den für die Verarbeitung notwendigen Informationen oder auch die Entwicklung von Transferlexika, die in maschinellen übersetzungssystemen die Strukturen einer Sprache in die Strukturen einer anderen Sprache überführen.

In den nächsten Jahren wird sich der Markt für die Sprachtechnologie enorm ausweiten und verschiedene Lebensbereiche nachhaltig ver-ändern. Die Nachfrage nach Wissenschaftlern mit Computerlinguistik-Diplom wird dann stark steigen. Das Berufsbild wird sich stärker in den Servicebereich verlagern wie Wartung und Update von Sprachtechnologiesystemen und Kundenberatung (z.B. beim Zuschnitt von Lexika und Datenbasen für ein persönliches übersetzungssystem).

4. Warum sollte man Computerlinguistik in Saarbrücken studieren?

Wegen der Breite des Faches, die von der Sprachwissenschaft über die Informatik bis zur Mathematik reicht, sollte Computerlinguistik als Diplomstudiengang studiert werden. Dies ist nur an zwei Standorten in Deutschland möglich. Für Saarbrücken als Studienort spricht außerdem, daß hier das wissenschaftliche Umfeld für die Computerlinguistik sehr günstig ist:

Wir arbeiten eng mit dem Fachbereich Informatik zusammen, der bundesweit eine Spitzenstellung einnimmt. Der Lehrstuhl für Phonetik in unserer Fachrichtung bietet die Möglichkeit, sich mit der Verarbeitung gesprochener Sprache intensiv auseinanderzusetzen. In der philosophischen Fakultät haben wir interessante Bezugspunkte mit den sprachwissenschaftlichen und kommunikationswissenschaftlichen Fächern, insbesondere der kognitiven Psychologie und der systematischen Philosophie.

Alle diese Fächer kann man als Nebenfächer der Computerlinguistik studieren. In der Forschung gibt es enge Zusammenarbeit mit dem DFKI (Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz), sowie mit dem Sonderforschungsbereich "Künstliche Intelligenz und wissensbasierte Systeme" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

In der Computerlinguistik selbst werden zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt, in die unsere Studenten auf verschiedene Weise integriert werden können:

Über Softwareprojekte, Diplomarbeiten oder studentische Hilfskraftstellen.

Auf diese Weise kommen Computerlinguistik-Studenten in Saarbrücken schon während ihres Studiums intensiv mit der Forschungspraxis in Berührung. Unsere Studenten haben Zugang zu modernsten Geräten (wir arbeiten mit Apple- und Unixrechnern).

Die Saarbrücker Computerlinguistik ist durch überregionale Kooperationen und internationale Forschungsnetze mit den weltweit führenden Institutionen im Sprachverarbeitungsbereich verbunden. Wir vermitteln Industriepraktika und Auslandsaufenthalte für unsere Studenten.

Im übrigen haben wir in Saarbrücken ein optimales Verhältnis bezüglich der Zahl der Studenten und der sie betreuenden Dozenten. In der Computerlinguistik gibt es also keine überfüllten Hörsäle, oder Probleme, einen Arbeitsplatz an einem Rechner zu bekommen.

Computerlinguistik kann in Saarbrücken übrigens auch als Magister-Nebenfach, als Nebenfach für Studenten der Informatik und als Promotionsfach studiert werden.

Der Diplomstudiengang Computerlinguistik

Der Diplomstudiengang Computerlinguistik gliedert sich wie alle Universitäts-Studiengänge in einen ersten und einen zweiten Studienabschnitt (´Grundstudium´ und ´Hauptstudium´).

Der erste Studienabschnitt wird mit den vordiplomvorprüfungen, der zweite Studienabschnitt wird mit der Diplomprüfung und der Anfertigung einer Diplomarbeit abgeschlossen. Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester.

Im Grundstudium werden die notwendigen linguistischen, informatischen und mathematischen Grundlagen erarbeitet, und man macht sich mit den Arbeitstechniken der Computerlinguistik vertraut. Daher ist das Studium im 1. Studienabschnitt relativ stark festgelegt. Informationen zu den Veranstaltungen des 1. Studienabschnitts finden Sie im dritten Teil dieser Broschüre.

Zum Studiengang Computerlinguistik gehört ein Ergänzungsfach, das das ganze Studium hindurch beibehalten wird. Die Auswahl reicht von den verschiedenen Sprachwissenschaften (z.B. englische, französische oder vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft) über die Allgemeine Psychologie, die Informatik, die Informationswissenschaft, die Mathematik, die Phonetik, die Philosophie bis hin zu der übersetzungswissenschaft.

Im 1. Studienabschnitt sollen zudem Kenntnisse in der Struktur einer Fremdsprache erworben werden. Zweck dieser Veranstaltungen ist es, einen Einblick in eine Sprache zu gewinnen, die sich in ihren Strukturen stark von der Muttersprache und den allgemeinen Schulsprachen unterscheidet. Es geht nicht in erster Linie darum, die Sprache zu erlernen, sondern es sollen die Möglichkeiten, die die jeweilige Sprache zum Ausdruck verschiedener sprachlicher Phänomene bietet, studiert werden. In unserer Fachrichtung werden z.B. Chinesisch und Japanisch angeboten. In der philosophischen Fakultät kann man sich u.a. Kenntnisse über das Arabische, das Polnische oder das Sanskrit aneignen.

Die Übersicht enthält alle Veranstaltungen, die im 1. Studienabschnitt direkt oder indirekt prüfungsrelevant sind, das sind Veranstaltungen, die in der Diplomvorprüfung geprüft werden und Veranstaltungen, für die Leistungsnachweise ('Scheine') zu erbringen sind. Es gibt auch Veranstaltungen, auf die beides zutrifft.

[...]

Im Hauptstudium beschäftigt man sich mit der Umsetzung der im Grundstudium erworbenen Fähigkeiten in computerlinguistischen Fragestellungen und Aufgaben. In diesem Studienabschnitt ist man in der Wahl der Themengebiete freier. Neben der Vertiefung in einem selbst gewählten computerlinguistischen Spezialgebiet wird im Softwareprojekt und im 6-wöchigen Berufspraktikum der praktische Einsatz als Computerlinguist erprobt (vorzugsweise vermittelt das Institut Praktikantenstellen in der Industrie).

Das Studium wird mit der Diplomprüfung und der Anfertigung der Diplomarbeit, wofür Sie 6 Monate Zeit haben (3-monatige Verlängerung auf Antrag möglich), abgeschlossen.

1. Studienabschnitt

Die Kurse des ersten Studienabschnitts

1. Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft

Die ´Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft´ bietet einen ersten Einblick in die verschiedenartigen Fragen, die sich stellen, wenn wir einmal anfangen, über die Sprache nachzudenken. Wir benutzen sie jeden Tag, meist ohne einen Augenblick lang darüber nachzudenken, daß wir eine äusserst komplexe Handlung vollziehen: Wir wählen (meistens!) die für die Situation passende Ausdrucksweise (Pragmatik), wählen die Wörter, die unseren Gedanken entsprechen (Semantik), die wir in der richtigen Reihenfolge (Syntax) und in der richtigen Form (Morphologie) und mit der richtigen lautlichen Struktur (Phonologie) aussprechen (Phonetik). Wie die Ausdrücke in Klammern zeigen, hat sich für jeden Teilaspekt eine eigene Teildisziplin entwickelt, die die besonderen Fragen der jeweiligen Beschreibungsebene zu beantworten versucht.

2. Einführung in die Computerlinguistik

Die Einführung in die Computerlinguistik vermittelt einen Einstieg in die Aufgabenstellung und Methoden des Faches. Sie beginnt mit einer Bestimmung des Forschungsfeldes der Computerlinguistik. In diesem Zusammenhang werden auch die Beziehungen der Wissenschaft zu ihren Nachbardisziplinen charakterisiert. Wichtig für die Orientierung der Studierenden des Faches ist die eingehende Betrachtung der wichtigsten Anwendungsgebiete der heutigen Sprachtechnologie.

Einige weit verbreitete Ansätze zur morphologischen, syntaktischen und semantischen Verarbeitung werden beispielhaft vorgestellt, um einen Einblick in die Methoden des Faches zu geben. Die Veranstaltung schließt mit einer exemplarischen Darstellung laufender Projekte in der industriellen und akademischen Forschung.

3. Mathematische Grundlagen I

Dieser Kurs befasst sich vornehmlich mit Logik. Logik ist die Lehre von den gültigen Schlußformen oder Argumenten. Folgendes ist z.B. ein logisch gültiges Argument:

  1. Alle Menschen sind sterblich.
  2. Sokrates ist ein Mensch.
  3. Also ist Sokrates sterblich.

Man sagt, daß die Konklusion (3) aus den beiden Prämissen (1) und (2) logisch folgt oder gefolgert werden kann. Die Logik stellt verschiedene Methoden bereit, die gültigen von den ungültigen Schlüssen zu unterscheiden. Dies ist wichtig, da wir ständig aus etwas Gesagtem oder Gelesenem logische Schlüsse ziehen, und dieses Schlußfolgern muß logisch korrekt geschehen.

Für die Computerlinguistik ist die Beschäftigung mit Logik wichtig, weil ein Computer, der Sprachverstehen simulieren soll, auch aus Sätzen, die ihm explizit eingegeben werden, Schlüsse ziehen können soll, wie wir Menschen. Der Kurs stellt zwei Logiken vor:

die Aussagen- und die Prädikatenlogik erster Stufe.

Daneben bietet er auch eine Einführung in mengentheoretische Begriffe, die in formalen Wissenschaften immer auftreten, und einige algebraische Begriffe, die für den Computerlinguisten wichtig sind, wie z.B. den Begriff der Gruppe und des Verbandes.

4. Mathematische Grundlagen II

Dieser Kurs befaßt sich mit der Theorie der formalen Sprachen und ihren zugehörigen Automaten. Formale Sprachen können als mathematische Annäherungen an natürliche Sprachen (wie z.B. Deutsch oder Chinesisch) angesehen werden. Somit tragen sie zum Verständnis der Struktur und Komplexität natürlicher Sprachen bei.

Zu den verschiedenen Arten von formalen Sprachen gibt es verschiedene Arten von ´Automaten´. Dies sind mathematische Modelle von kleinen Maschinen (die sich als Computerprogramme realisieren lassen), die Sätze aus den Sprachen erkennen und erzeugen können. Die Automaten dienen einerseits als Maßstab, um Aussagen über die Komplexität gegebener formaler Sprachen machen zu können, andersseits können sie direkt als Vorbild für spracherkennende Computerprogramme benutzt werden.

5. Informatik I und II

Diese Vorlesungen werden innerhalb des Faches Informatik absolviert. Das bedeutet, daß Sie zusammen mit den Hauptfachstudenten der Informatik die Grundlagen von Rechenanlagen und Programmiersprachen erläutert bekommen.

6. Programmierkurs: Einführung in die Logikprogrammierung (Prolog)

In der theoretischen Computerlinguistik versucht man, formal zu erklären, wie Menschen ein äußerst komplexes Kommunikationsmittel - die Sprache - handhaben. Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung solcher theoretischer Erklärungen ist ihre praktische Anwendbarkeit in Systemen, die einen Computer mit sprachlichen Fähigkeiten ausstatten. Voraussetzung für diese Umsetzung ist eine geeignete logische Darstellung der theoretischen Modelle. Das heißt, man muß Fragen beantworten wie:

Die Grundidee der Programmierung mit der Programmiersprache Prolog besteht nun darin, daß solche logischen Beschreibungen direkt in Prolog gegeben werden können - ´Prolog´ steht für ´PROgrammieren mit LOGik´ - so daß man ziemlich schnell ein ausführbares Programm erhält. Prolog unterscheidet sich sowohl in den grundlegenden Konzepten als auch im Programmierstil sehr stark von konventionellen Programmiersprachen (z.B. Modula, C).

Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf der praktischen Einübung von Programmiertechniken (an linguistischen und nicht-linguistischen Beispielen), während die Behandlung der logischen Grundlagen von Prolog dagegen zurücktritt. Die Teilnehmer sollen lernen, einfache Prologprogramme zu verstehen und zu entwickeln, sowie die erworbenen Kenntnisse selbständig zu vertiefen.

Außer Prolog wird in der Computerlinguistik auch die Programmiersprache LISP gelehrt.

7. Einführung in die Phonetik und Phonologie

Dieser Kurs bietet den Studierenden einen ersten Einblick in die Komplexitäten des Sprechens und Hörens, die grundlegende Aktivitäten der menschlichen Kommunikation sind. Die Aufgabe der Phonetik ist die Beschreibung und Erklärung der Vorgänge der Steuerung von Atem- und Artikulationsorganen, sowie der Wahrnehmung von Wörtern und Sätzen, die durch Schall übertragen werden. Dabei ist die Untersuchung der akustischen Eigenschaften des Sprachsignals besonders wichtig.

Die Aufgabe der Phonologie ist die Beschreibung der Funktionen von lautlichen Unterschieden:

Entsprechend dieser Fragestellungen werden die Strukturen lautsprachlicher Systeme beschrieben und erklärt.

8. Einführung Syntax und Morphologie

Um Geschriebenes oder Gesprochenes zu verstehen, müssen wir Regelmäßigkeiten zwischen den Wörtern und Sätzen und deren Bedeutungen herstellen. Wie wir Menschen das machen, wissen wir nicht so genau. Die Linguistik versucht mittels unterschiedlicher Grammatiktheorien Antworten darauf zu geben, wie die Beziehung zwischen einzelnen Wörtern bzw. Sätzen und ihren Bedeutungen zustandekommt und welche Teile und Regeln angenommen werden müssen, damit Bedeutung überhaupt entstehen kann.

In der Einführung in die Syntax und Morphologie werden anhand von Sprachdaten (Beispielsätzen) bestimmte Merkmale einzelner Sprachen dargestellt und mit Hilfe grammatischer Regeln beschrieben.

9. Einführung in die Semantik

Die Semantik beschäftigt sich mit der Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken und die ´Einführung in die Semantik´ bietet einen ersten Einblick in die Probleme bei der Bestimmung von Bedeutungen.

Während man in den ´Mathematischen Grundlagen I´ lernt, einfachere sprachliche Ausdrücke mit den Mitteln der Prädikatenlogik darzustellen, d.h. prädikatenlogische Formeln dafür zu finden, und deren Bedeutung zu berechnen, verfolgt die ´Einführung in die Semantik´ darauf aufbauend im wesentlichen zwei Ziele:

10. Einführung in die Pragmatik und Texttheorie

Ohne lange zu überlegen, produzieren Menschen Texte und Dialoge, die in die jeweilige Situation passen.

Um Antworten auf solche Fragen zu finden, werden in der Veranstaltung verschiedene Theorien vorgestellt, die Texte und Dialoge untersuchen (pragmatische Theorien). Außerdem werden Darstellungsmöglichkeiten erarbeitet, die den Computer in die Lage versetzen, natürlichsprachige Texte/Dialoge zu verfassen.

11. Grammatikformalismen

Ein Problem, das in der Computerlinguistik eine zentrale Rolle spielt, besteht darin, sprachliche Regularitäten, die ja z.B. in der (Theoretischen) Linguistik seit vielen Jahren erforscht werden, so zu formulieren und zu formalisieren, daß sie für einen Computer ´verstehbar´ sind.

Dafür hat man in den 80er Jahren die Unifikationsgrammatiken erfunden. Diese kann man sich als eine Art formale Sprachbeschreibungssprachen vorstellen, die zwei Vorteile miteinander vereinen: Zum einen sind sie implementierbar und zum anderen geben sie dem Grammatikschreiber ( das ist normalerweise ein Experte für die Regelmäßigkeiten einer bestimmten Sprache - z.B. Englisch - , der sich aber nicht um das konkrete Programmieren kümmern kann oder will) ein möglichst komfortables Werkzeug in die Hand, mit dem er sein Wissen über die englische Sprache darstellen kann.

In dieser Veranstaltung werden die verschiedenen Grammatiktypen, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, in ihren Grundzügen vorgestellt und hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen verglichen.

Projekte in der Computerlinguistik

Im Institut für Computerlinguistik an der Universität des Saarlandes gibt es eine Reihe von Forschungsprojekten, beispielsweise:

1. VERBMOBIL

Wenn man sich in einer Fremdsprache verständigen muß, dann verlassen einen häufig die Worte - das Verständnis der fremden Sprache ist gewöhnlich deutlich besser, als ihre aktive Beherrschung.

In dieser Situation soll einem das tragbare übersetzungssystem helfen, das im Verbmobil-Projekt entwickelt wird: Es wird auf Knopfdruck äußerungen, die man in seiner eigenen Muttersprache spricht, in die Fremdsprache übersetzen. Grundlage der Forschungsarbeit ist ein Szenario, in dem ein deutscher und ein japanischer Geschäftsmann auf Englisch miteinander verhandeln. Das bedeutet, daß die Zielsprache der übersetzung stets Englisch ist. Die erste Phase des Projekts dauert 4 Jahre (bis Ende 1996). Am Ende dieser Phase soll ein Forschungsprototyp des Systems stehen.

Die Computerlinguistik in Saarbrücken ist hauptverantwortlich für die Entwicklung eines Formalismus, in dem die Bedeutung sprachlicher äußerungen mit logischen Mitteln so dargestellt wird, daß man die Bedeutung einer zusammengesetzten äußerung (z.B eines Satzes) systematisch aus den Bedeutungen der einzelnen Wörter herleiten kann. Um korrekte englische übersetzungen der deutschen Gesprächsbeiträge zu erzeugen, muß man dabei außer der eigentlichen Bedeutungsinformation auch grammatische Vorschriften sowie Betonung und Satzmelodie beachten.

2.LATESLAV

In den letzten Jahren hat der Einsatz der Textverarbeitung stark zugenommen. Komfortable Textverarbeitungssysteme enthalten oft einen sog. Grammar-Checker, das ist ein Programm, das in der Textverarbeitung eingesetzt werden kann und gerade für nicht-muttersprachliche Benutzer eine wichtige Hilfe darstellen kann. Es überprüft Texte auf ihre grammatischeKorrektheit - möglicherweise schon während der Verfasser den Text schreibt oder bevor er den Text selbst korrigiert. überprüft wird dabei nicht nur die richtige Schreibweise der einzelnen Wörter, sondern es wird kontrolliert, ob die Sätze nach den Regeln der Grammatik einwandfrei sind.

Mögliche Fehler, die ein Grammar-Checker entdecken und dem Benutzer melden soll, sind z.B. schlechte Kongruenz (´Die Leute kommt´, ´Peter essen´, ´schönem Frau´) oder inkorrekte Wortstellung (´Peter gestern hat ein Lied gesungen´).

In LATESLAV soll ein Grammar-Checker für das Bulgarische und das Tschechische entwickelt werden. Wir versuchen, die für andere Sprachen existierenden Systeme auf das Bulgarische und das Tschechische zu übertragen. Die Partner in diesem EG-geförderten Projekt sind: Universität des Saarlandes, die Karlsuniversität zu Prag, die Bulgarische Akademie der Wissenschaften Sofia und die Autonome Universität von Barcelona. Die Industriepartner sind die Apple-Software Firmen Macron Ltd. in Prag und Bulgarian Business Systems in Sofia.

3. Bidirektionale linguistische Deduktion (BiLD)

Die meisten natürlichsprachlichen Systeme verwenden verschiedene Methoden und oft sogar unterschiedliche Grammatiken für Analyse (Parsing) und Produktion (Generierung) von sprachlichen äußerungen.

Wir gehen von einer einzigen Grammatik aus und betrachten sowohl Parsing wie auch Generierung als einen Prozeß des logischen Schließens (Deduktion), der darauf gerichtet ist, zu einer gegebenen äußerung die möglichen Bedeutungsrepräsentationen zu ermitteln (Parsing) und umgekehrt (Generierung). Verfahren, die sowohl für Parsing als auch Generierung verwendbar sind, nennt man bidirektional.

Die Vorteile bidirektionaler linguistischer Deduktion sind:

Das Projekt BiLD wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs ´Künstliche Intelligenz Wissensbasierte Systeme´ gefördert.

Kleines ABC für den Uni-Alltag

Manchmal kostet es viel Zeit, wenn man nicht weiß, was ein Begriff genau be- deutet. Hier folgt ein kleines ABC von Ausdrücken, die einem immer wieder begegnen.

Fakultät, Fachbereich und Fachrichtung: Die Computerlinguistik gehört zur philosophischen Fakultät, die in vier Fachbereiche (FB) untergliedert ist. Die Computerlinguistik gehört in den FB 8 'Neuere Sprach- und Literaturwissenschaft'. In diesem Fachbereich bildet sie zusammen mit der Allgemeinen Sprachwissenschaft die Fachrichtung 8.7 'Allgemeine Linguistik'.

Fachschaft: Die Fachschaft wird von den Studierenden einer Fachrichtung gebildet. Zumeist werden aber die einmal im Jahr gewählten Fachschaftsräte als 'Fachschaft' bezeichnet. Sie vertreten die Interessen der Studierenden in der Universität. Die Fachschaftsräte der Computerlinguistik bieten zu Beginn des Wintersemesters Orientierungsveranstaltungen für Erstsemester an und geben auch sonst gerne wertvolle Tips an die Studenten weiter. Telefonnummer: 0681-3024499. eMail: fs-coli@coli.uni-sb.de

Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis: Das Kommentierte Vorlesungsverzeichnis der Computerlinguistik bekommt man vor Beginn des Semesters im Sekretariat. Dort findet man alle notwendigen Informationen zu den Veranstaltungen im folgenden Semester (Ort, Zeit, Kurzbeschreibung, Scheinerwerb etc.). Außerdem gibt es Hinweise auf interessante Veranstaltungen in anderen Fächern (z.B. Informatik, Romanistik, Psychologie etc.)

Schein: Offiziell heißt der Schein 'Leistungsnachweis'. In der Prüfungsordnung der Computerlinguistik [...] können Sie nachlesen, wieviele und welche Scheine man braucht, um sich zum Vordiplom bzw. zum Diplom anzumelden. Für Scheine muß eine Leistung erbracht werden (Klausur, Hausarbeit, Referat etc.).

Semesterwochenstunden: In Prüfungsordnungen und Stundenplänen finden sich Angaben wie ´2 SWS´, also zwei Semesterwochenstunden. Das bedeutet, daß die Veranstaltung zwei Stunden pro Woche über ein Semester hinweg stattfindet.

Die Anforderung für Computerlinguistik-Diplom-Studenten, 8 SWS ´Strukturen einer Fremdsprache´ zu belegen, bedeutet, daß die Summe der Semesterwochenstunden über evtl. mehrere Semester hinweg, in denen man solche Sprachkurse besucht hat, mindestens 8 sein muß (also z.B. zwei Semester lang einen Kurs mit jeweils 4 SWS).

Veranstaltungen: Das Studium setzt sich aus verschiedenen Veranstaltungen zusammen, die nach Lehr- bzw. Lernformen unterschieden werden; dazu gehören:

  1. Vorlesungen: Das sind die Veranstaltungen, in denen die ´Hauptarbeit´ vom Dozenten übernommen wird, der die Vorlesung hält. Dies ist die typische Veranstaltungsform, in der die Basiskenntnisse eines Faches vermittelt werden.
  2. übungen: Zu den Vorlesungen gehören oft übungen. Diese sind allerdings nicht zum freiwilligen zusätzlichen üben konzipiert, sondern sind Bestandteil der Veranstaltung. Dort wird das in der Vorlesung vermittelte Wissen an konkreten Beispielen angewandt und ausgebaut. Im Gegensatz zur Vorlesung ´üben´ hier die Teilnehmer und nicht der Dozent.
  3. Seminare: Seminare sind Veranstaltungen zu einem bestimmten Thema, in denen die Teilnehmer sich (einzeln oder in Kleingruppen) ein Teilthema erarbeiten, den anderen Teilnehmern vortragen und dann eine schriftliche Hausarbeit dazu anfertigen. Im Grundstudium heißen diese Veranstaltungen ´Proseminare´, im Hauptstudium ´Hauptseminare´. Seminare sollen wissenschaftliche Arbeitstechniken vermitteln und in eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten unter Anleitung einüben.

Zeitangaben: Eine universitäre Unterrichtsstunde dauert in der Regel 45 Minuten. Man gewöhnt sich erstaunlich schnell an die unausgesprochene Regelung, daß Veranstaltungen normalerweise ´c.t.´ (cum tempore) beginnen, d.h. man rechnet zum Veranstaltungsbeginn das ´akademische Viertel´ hinzu. Eine Veranstaltung, die für 11-13 Uhr angekündigt ist, beginnt also erst um 11.15 Uhr und endet gegen 12.45 Uhr. Vorsicht ist geboten bei zusätzlichen Minuten-Angaben: z.B. gilt ´11.30 Uhr´ als ´s.t.´ (sine tempore) Termin, d.h. es handelt sich hier - wie auch bei ´11 Uhr s.t.´ - immer um eine exakte Zeitangabe.

Kontaktadresse:

Universität des Saarlandes
Institut für Computerlinguistik
z. H. Frau Helga Riedel
66041 Saarbrücken

Tel.: (0681) 302-4344
Fax: (0681) 302-4351
Email: coli@coli.uni-sb.de


Die HTML-Version dieses Textes hat Michael Herz freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Letzte Änderung: 03.11.1996